Hierzulande kann man in diesem Jahr getrost von einem Rekordsommer sprechen. Laut dem Deutschen Wetterdienst (DWD) war noch nie ein Sommer in Hessen trockener und sonniger als in diesem Jahr. Mit einer Durchschnittstemperatur von 19,6 Grad Celsius gehört der Sommer zu den drei wärmsten seit Aufzeichnungsbeginn im Jahre 1951. Es fielen lediglich 85 Liter Niederschlag pro Quadratmeter. Zwischen 1961 bis 1990 lag der Durchschnittswert bei 222 Liter. Vergleicht man den Temperaturdurchschnitt mit dem Zeitraum 1961 bis 1990 bedeutet dies ein Plus von 2,9 Grad!
Im Landkreis war es sogar noch trockener als im hessischen Durchschnitt. Nach Radarbild-Auswertungen fielen vor allem im südlichen Kreisgebiet gebietsweise nur 50 bis 60 Millimeter, also deutlich weniger als im hessischen Flächenmittel. Seit 2003 gibt es kaum noch „Nassjahre“ in unserer Region und auch die im Winter zu erwartenden Niederschlagsmengen fielen häufig viel zu gering aus.
Es scheint sicher zu sein, dass die Folgen des Klimawandels auch uns erreicht haben und wir uns zukünftig an solche Wetterlagen gewöhnen müssen.
Die langanhaltende Trockenheit hat dramatische Auswirkungen für Mensch und Tier sowie unsere Natur: im Burgwald zum Beispiel versiegen Quellen, Bäume leiden unter der Trockenheit und Moorflächen drohen auszutrocknen. Eberhard Leicht, der Leiter des Forstamtes Burgwald nahm dazu in einem Zeitungsartikel der HNA am 08.September diesen Jahres Stellung:
„Seit 1965 ist der Grundwasserspiegel im Burgwald um zwei Meter gesunken. Jahreszeitlich bedingt, gibt es zahlreiche Schwankungen nach unten und oben. Aber: Die Trendlinie zeigt deutlich nach unten! Eine beträchtliche Zahl von Quellen ist in den vergangenen Jahren im Burgwald versiegt, auch ein Indiz dafür, dass oberflächennah weniger Wasser zur Verfügung steht.“
Diese Messung des Grundwasserspiegels wird im Auftrag des Hessisches Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie seit 1965 an der Messstelle bei Bracht im Zentrum des Burgwalds vorgenommen. Weitere Messstellen könnten detailliertere Erkenntnisse bringen, insbesondere auch, was die Entwicklung der Moorflächen angeht, deren Erhalt für den Klimaschutz enorme Bedeutung hat.
Die Qualität des Mellnauer Wassers
Hat der Rückgang des Grundwassers auch Auswirkungen auf unser Wasser hier im Dorf Mellnau? Mellnau ist im Gegensatz zu Wetter oder Unterrosphe noch nicht an das Netz aus Stadtallendorf angeschlossen. Unser Trinkwasser wird aus einer Tiefenbohrung am Bochtenberg, unterhalb des Reiterhofs Böning, gespeist, die seit 1967 in Betrieb ist. Zur Qualität unseres Wassers gibt es eine kleine Geschichte aus dem Munde von Hermann Hahn: „Einige Wetteraner haben sich früher oft ihr Wasser an den Mellnauer Quellen besorgt. Sie waren der Meinung: Der Kaffee schmeckt damit einfach besser!“
Wir wollten es genauer wissen und fragten beim Zweckverband Mittelhessische Wasserwerke (ZMW) nach, wie es denn um unser Wasser bestellt ist. Geschäftsführer Thomas Brunner meldete sich bereits wenige Tage nach unserer Anfrage mit folgenden Informationen zurück:
„Das Fördervolumen des Förderbrunnen Mellnau liegt bei ca. 10 m³/Stunde. Ein dauerhafter Betrieb ist zur Versorgung nicht erforderlich. Der Brunnen wird bedarfsabhängig betrieben und läuft je nach Wassernachfrage mehrere Stunden pro Tag.
Der Jahresbedarf des Ortsnetzes Mellnau lag im Betrachtungszeitraum 2017 – 2021 durchschnittlich bei etwa 33.750 m³/Jahr. Der Bedarf schwankt u.a. witterungsbedingt in jedem Jahr in einer Spanne von ca. +/- 10 %.
Die Wasserqualität ist einwandfrei. Eine Trinkwasseranalyse findet man auf unserer Internetseite: https://www.zmw.de/pdf/analysen/mellnau.pdf
Das bereits in guter Qualität geförderte Rohwasser wird mittels einer Entsäuerungsstufe mit sogenannten Flachbettbelüftern und einer vorsorglichen Desinfektion mittels UV-Bestrahlung zu Trinkwasser aufbereitet. Die UV-Bestrahlung ist ein anerkanntes, praxiserprobtes und chemikalienfreies Aufbereitungsverfahren, das die Eigenschaften des Wassers wie z.B. den Geschmack oder Geruch nicht verändert.
Hinsichtlich der Grundwasservorkommen können wir Ihnen keine genauen Angaben machen, ein Trinkwasserschutzgebiet für die Trinkwassergewinnungsanlage in Mellnau wurde behördlicherseits nicht ausgewiesen. Die Entwicklung der Grundwasserstände beobachten wir durch ein Brunnenmonitoring laufend. In den Sommermonaten ist das Absinken der Brunnenstände nicht außergewöhnlich, entscheidend für die Grundwasserneubildung sind die Niederschläge in der vegetationsarmen Zeit – insbesondere den Wintermonaten – die jedoch in den letzten Jahren tendenziell zu gering ausfielen. Die Beobachtung der Grundwasserentwicklung, insbesondere nach einem Trockensommer, ist daher von besonderer Bedeutung und wir rufen gemeinsam mit unseren Verbandsmitgliedern zu sorg- und sparsamen Umgang mit Trinkwasser auf.
Das Rohwasser wird über die sogenannten Unterwassermotorpumpe bis in die Aufbereitungsanlage und in den Hochbehälter gefördert. Der Vertikalfilterbrunnen hat eine Gesamttiefe von ca. 93 m, die Einbautiefe der Pumpe beträgt ca. 80 m.
Über den Hochbehälter und eine sogenannte Druckerhöhungsanlage wird das Trinkwasser in das Ortsnetz eingespeist. Der Hochbehälter dient dabei u.a. der Deckung von Bedarfsspitzen sowie der Löschwasserbevorratung und hat ein mögliches Gesamtspeichervolumen von ca. 400 m³.
Unser Wasser geht uns alle an
Anne Archinal und ihre Mitstreiter von der AG Rettet den Burgwald wehren sich dagegen, dass aus unserer Region Grundwasser entnommen und teilweise bis nach Frankfurt exportiert wird. Sie sagt dazu:“Wenn man hier steht und auf diesen großen, zusammenhängenden Wald schaut, der ja auch ein Klima-Wald ist, der uns Kühle und Feuchte, Erholung und Holz zur Verfügung stellt – das ist das, was wir brauchen werden in der Zukunft. Deshalb macht mir das Sorgen, wenn dem Naturraum noch mehr Wasser entzogen wir. Das Wasser muss überwiegend dem Naturraum zur Verfügung gestellt werden und nicht der Verschwendungssucht der Menschen.”
Lothar Feisel warnte bereits in der Titelstory des Mellnauer Kuckucks im Sommer 2016 vor den ökologischen Folgen, wenn unser Trinkwasser zum Handelsgut wird. Jedoch ist nicht allein der Wasserhandel ein Problem.
Rein rechnerisch verbrauchen die 752 Hauptwohnsitz-Einwohner von Mellnau genau 44,88 m³ Wasser pro Jahr. Das sind zwar rund 1,7 m³ weniger als der durchschnittliche Verbrauch pro Person in Deutschland. Berücksichtigt man jedoch, dass wir im Ort nahezu keine Gewerbebetriebe haben, die Wasser aus dem öffentlichen Netz benötigten, sieht diese Zahl schon deutlich schlechter aus.
Letztlich erleben wir hier ein Dilemma: aus politischen Gründen ist es gewollt, dass Wasser billig ist – immerhin reden wir hier von dem wichtigsten Grundnahrungsmittel überhaupt. Diese Entscheidung führt in der Konsequenz dazu, dass sich viele Maßnahmen zum Wassersparen unter finanziellen Gesichtspunkten schlichtweg nicht lohnen. Machen wir es ganz konkret: Brauchwasserzisternen sind in einigen Ecken Mellnaus vorgeschrieben, doch ohne Stromanschluss in dem Wassertank kann man das Wasser nur umständlich nutzen. Wer so etwas nachrüsten will, muss erstmal Geld in die Hand nehmen. Und im Zweifel ist es dann günstiger, einfach das Wasser laufen zu lassen.
Es ist großartig, dass sich die Naturschützer unserer Region sorgen und stark machen für die Umwelt vor unserer Haustür. Aber unser Wasser geht uns alle an. Daher ist es die Pflicht eines jeden Bürgers, seinen Trinkwasserverbrauch kritisch zu hinterfragen – und zwar unabhängig davon, ob man sich das Wasser finanziell leisten kann.
Sicherlich ist es in solch einem Sommer, der jetzt hinter uns liegt, schmerzhaft zu beobachten, wenn unser Nutzgarten, der Rasen, unsere Pflanzenbeete und Kübelpflanzen zu vertrocknen drohen, weil nicht ausreichend Regen- oder Brauchwasser vorhanden ist. In Zukunft muss jedoch unserer Meinung nach ganz klar gelten: Für Blumen und Zierpflanzen darf kein Trinkwasser mehr verschwendet werden, hier kann nur Brauchwasser die Lösung sein.. Bislang können wir dankbar dafür sein, dass wir unser Trinkwasser noch aus dem Burgwald beziehen können und nicht auf Tankwagen angewiesen sind, die uns mit Wasser versorgen, wie es teils in benachbarten Regionen der Fall ist.
Ein erhöhter Verbrauch an Trinkwasser für eine unnötige Bewässerung schädigt unseren Burgwald, der eh unter der Trockenheit zu leiden hat, um ein Vielfaches. In aller Kürze auf den Punkt gebracht: Trinkwasser schonen, Brauchwasser nutzen – da müssen wir hin.
C. Schräder, H. Schumacher, A. Völk, A. Ditze
Quellen:
Oberhessische Presse 31.08.21, HNA vom 08.09.22, Landkreis Marburg-Biedenkopf