Wasserknappheit hat in Mellnau eine lange Geschichte. So schreibt der Landvermesser Schimmelpfennig bereits im Jahre 1785 über das Dorf: „Er liegt an keinen Hauptfluss, fließet auch weder durch hießiges Dorf noch dessen Terminey nicht das geringste Bachwasser, sondern hat nur zwei kleine Sammelteiche, worin das Regen- und Schneewasser zur Tränkung des Viehs gesammelt wird. Dass also hiesige Commun sehr öfters und besonders bey trockenen Sommern großen Wassermangel hat und solches auf Wagen und Schlitten bei der eine Stunde weit entlegenen Stadt Wetter aus der Wetschaft holen muss. Da der Fluss noch imstande gewesen, das Wasser auf Maultieren in ledernen Säcken bei der Mittelmühle zu Wetter geholt worden, wonach der Eselpfad den Namen führet. Übrigens aber befinden sich ja auch nur vier geringe Brunnen dahier, woraus das Wasser geschöpfed wird.“
Mit der Fassung und Erschließung von zwei Quellen im Burgwald im Jahre 1911 wurde erstmals eine Wasserleitung gebaut und die Mellnauer erhielten fließendes Wasser in ihre Häuser. Doch das Problem war damit noch lange nicht gelöst. Eine ganze Reihe weiterer Maßnahmen war notwendig, um die heute verfügbare Wasserversorgung herzustellen.
In gut einem Dutzend Beiträgen habe wir die vergangenen Jahre über das Thema Wasserversorgung im MELLNAUER KUCKUCK berichtet und im QR-Code „Mellnauer Wasser“ aufgearbeitet und zusammengestellt. Viel Lesestoff für all jene, die wissen wollen, wo unser Wasser herkommt und mit welchen Problemen sich die Mellnauer Bürger in diesem Zusammenhang auseinander setzen mussten.
Wer mehr darüber wissen möchte: auf mea.mellnau.de ist die langwierige, wechselvolle und schwierige Geschichte der Mellnauer Wasserversorgung von damals bis heute anschaulich dokumentiert.
Neue Brunnen für Mellnau
In dieser Ausgabe berichten wir über die öffentlichen Brunnen in der Gemeinde und welche Strapazen die heute so selbstverständliche Versorgung mit Trinkwasser für die Mellnauer nach sich zog:
Zu Beginn des letzten Jahrhunderts wurde das Wasser für die Tiere bei großer Wasserknappheit noch vom Bernelbach geholt. Erst in der Folgezeit bot der zunehmende technische Fortschritt weitere Möglichkeiten:
Auf den von dem damaligen Lehrer Hampel im Garten des neuen Schulhauses gegrabenen Brunnen wurde seitens der Gemeinde 1904 eine Pumpe gesetzt. Nachdem im Herbst 1903 an der als vollständig wasserarm geltenden Südseite des Burgberges von Lehrer Hampel ein ergiebiger Brunnen gegraben worden war, wurden — nach Angabe der Schulchronik — in den Jahren 1904/05 nicht weniger als 33 Brunnenanlagen geschaffen, von denen einige reichlich Wasser lieferten.
Neben den privaten gab es an öffentlichen Brunnen in Mellnau:
1. den Gassebrunnen oberhalb der Einmündung Borngasse / Am Rain,
2. den Ahmbes im Grundstück Balzer, Burgstr.29, dort, wo sich heute die Stallungen befinden. Neben dem Haus Borngasse 26, heutiger Besitzer Albrecht, und dem Burgstr.31, Erkel, führte ein Pfad zu dem Born;
3. den Stockbrunnen bei dem heutigen Dorfgemeinschaftshaus;
4. den Rainebrunnen und
5. den Weidebrunnen beide hinter dem Garten von Haus Alte Höhle 4, Jakob / Böttner, dicht zusammenliegend; man erreichte sie von dem Weg hinter dem ehemaligen Gefrierhaus aus;
6. den Brunnen bei der Alten Tränke am Gartenrand von Haus Haingarten 3, Heldmann.
Der Weidebrunnen wurde überwiegend zum Tränken des Viehs benutzt, während der wesentlich saubere Rainebrunnen zum Bleichen der Wäsche benötigt wurde.
Der alte Herr Roth hat Brunnen gebohrt: „Wenn jemand einen Brunnen wollte, dann hat er entschieden, ob es geht. Wenn der auch nur irgendwo ein Pfützchen gesehen hat, machte der einen Brunnen draus.“
Nach wie vor ein knappes Gut
Doch trotz der Vielzahl der Brunnen reichte es nicht aus, die Bewohner mit dem kostbaren Nass zu bedienen.
Durch immer neue Bohrungen versuchte man, der Wassermisere Herr zu werden. Drei Tiefbrunnen wurden von der Gemeinde gebohrt:
Der erste stand bei der heutigen Einfahrt in das Grundstück Yanes-Tittel, Burgstr. 23. Er besaß eine schwere Pumpe, die von zwei Mann bedient werden musste, und hatte eine Tiefe von 60 bis 70 Metern.
Der zweite Brunnen stand an der Ecke Heppenbergstraße/Burgstr, dort, wo sich heute der neue Dorfbrunnen befindet, neben dem noch damals noch vorhandenen Brunnen von Hoeck. Er besaß eine Tiefe von 90 Metern. Der dritte Brunnen schließlich befand sich unterhalb der Mauer zum Grundstück Alte Höhle 5, Belzer. Wegen seines roten Wassers trug er den Namen „Roter Born“; er war über 100 Meter tief.
Die drei Brunnen waren mit Handpumpen ausgerüstet. Vor jeder Pumpe standen große Eichenkübel oder ein Trog aus Sandstein, auf dessen oberen Rand zwei Eisen quer lagen, worauf man die Eimer stellen konnte.
Die Pfade und Gässchen zu den ehemaligen Brunnen waren noch bis in die 50er Jahre begehbar und wurden gerne als Abkürzung genutzt. Es war selbstverständlich, dass man bei den Besitzern der wasserführenden Brunnen Wasser holte, wenn man selbst keines hatte. Mehr über die „Mellnauer Gässchen“ in einer folgenden Ausgabe zu erfahren.
Trotzdem stellte die Wassernot die Bewohner immer wieder vor neue Herausforderungen. Um das nötige Trinkwasser zu bekommen, mussten die Leute in trockenen Zeiten oder im Winter bei großer Kälte oftmals mitten in der Nacht aufstehen, um Wasser aus den Brunnen schöpfen zu können. Man bediente sich dazu langer Stangen, an deren einen Ende ein Haken angebracht war zur Befestigung des Eimers. War das Wasser sehr knapp und fasste der an der Stange befestigte Eimer nicht genug Wasser, so musste der Wasserholer in den Brunnen hinabsteigen und mit kleineren Gefäßen das Wasser in die zwei Eimer schöpfen. Geduld mussten inzwischen alle anderen beweisen, die ebenfalls Wasser holen wollten und nun warten mussten, bis die Reihe an sie kam. Wurden größere Mengen Wasser benötigt, so sammelte man mehrere Tage lang, bis der nötige Vorrat — für die Wäsche etwa — beisammen war.
Am schlimmsten war es Samstags
Auch nach der Fassung des ‘Rollerborn‘ im Jahr 1947 waren die Wasserprobleme noch nicht behoben:
Die drei Quellen brachten in Trockenzeiten in den 5oerJahren zusammen etwa 3o m3 täglich. Benötigt wurden damals aber schon über 1oo m3 pro Tag. In den achtziger Jahren stieg der Verbrauch auf mehr als 2oo m3.
Am schlimmsten war es samstags, wenn geputzt wurde und die Mellnauer ein Bad nahmen. Da kam das Wasser noch gerade bis zum Dorfgemeinschafthaus und das ganze Oberdorf lag trocken. (Inzwischen hatte die Mechanisierung der Haushalte eingesetzt, es wurden die ersten Waschmaschinen verkauft und auch die sanitären Anlagen wurden mit Wasserspülungen versehen.)
Mitte der 50er Jahre führte die Gemeinde für jedes Haus eine Wasseruhr ein, was zur Folge hatte, dass plötzlich wieder genügen Wasser zur Verfügung stand. Zusätzlich wurde in Balzers Garten- gegenüber dem DGH- eine Pumpstation gebaut, die bei großem Wasserverbrauch den abfallenden Druck ausglich und das Wasser in den Hochbehälter unterhalb der Burg pumpte. Heute steht auf diesem Platz die Kuckuckshütte.
Durch den Bau der Kanalisation sind einige wasserführende Schichten beschädigt worden und somit auch viele Brunnen versiegt. Dennoch sind auch heute noch viele Brunnen im Dorf in Betrieb.
A.Völk
Quellen: 700 Jahre Burg Mellnau / Spusi-Heft Freiwillige Feuerwehr Mellnau, Theo Kinstle Jan. 1982