Wie aus dem Mellnauer Jugendheim das Dorfgemeinschaftshaus wurde

Das Jugendheim wurde ursprünglich als „Hitler-Jugend-Heim“ erbaut. Bei einer Erhebung der vorhandenen Versammlungssäle durch die Gendarmerie Münchhausen am 19. Dezember 1937 wurde besonders für Mellnau ein großes „Saalbedürfnis“ festgestellt.

Teich am Jugendheim
Eine Aufnahme vom alten Feuerlöschteich am Jugendheim aus den 30er Jahren. Die Bauern fuhren mit ihren Wagen durch den Teich, damit die Eisenreifen auf den Holzspeichenrädern wieder Halt bekamen. Auch Gänse und Enten der umliegenden Bauern belebten das Gewässer. Das Gelände wurden früher „der Teichgarten“ genannt und diente über Jahrzehnte als Festplatz für viele Kirmes Veranstaltungen.

Im Gesetz vom 01. Dezember 1936 wurde bestimmt, dass für die Erziehung der Deutschen Jugend „im Geiste des Nationalsozialismus zum Dienst am Volk und Volksgemeinschaft“ die notwendigen Jugendheime zu schaffen seien.

Die nationalsozialistische Ideologie sucht Räume

Am 10. August 1941 stellte der Gemeinderechner per Brief an den Landrat fest, dass für die Fertigstellung des Jugendheims noch etwa 4000 Reichsmark fehlten. Es kann also angenommen werden, dass das Haus um 1942 eingeweiht wurde.

Schreiben an den Landrat aus 1937
Auf diesem Bild sieht man die Einweihung des „Hitler-Jugend-Heims“. (..) Während des Krieges sollen dort „Geheimfunker“ einquartiert gewesen sein. Jedenfalls wurde diese im Dorf so genannt. Die Gaststätte Althaus musste die Soldaten mit Essen versorgen. In Wirklichkeit waren es Angehörige der Wehrmacht, die mit den im Burgwald stationierten Waffengattungen Verbindung hielten. (Aus Spurensicherungsheft: Feste und Feiern)

Aufgrund der angespannten Wohnsituation nach 1945 wurde das Jugendheim als Wohnung für Flüchtlinge genutzt.

In der Kirchenchronik findet sich am 12. März 1946 folgenden Notiz: „Der Kirchenvorstand begrüßt die Einrichtung eines evang. Kindergartens, sobald das Jugendheim frei geworden ist.“ Warum dieser Vorschlag letztlich nicht umgesetzt wurde, lässt sich heute aus den Protokollen nicht mehr ersehen.

Mellnau: Endlich ist  es der Gemeinde gelungen, wieder einen geeigneten Raum für die öffentlichen Veranstaltungen zu schaffen. Durch den Ausbau des Dachgeschosses konnte der Saal, der bis dahin in zwei Wohnungen für Flüchtlinge unterteilt war, frei gemacht werden und steht nunmehr der Öffentlichkeit zur Verfügung. Insbesondere wird diese Freigabe vom hiesigen Männerchor begrüßt, der endlich ein geeignetes Lokal für Konzertveranstaltungen gefunden hat.
Aus: Oberhessische Presse, 13. November 1948

Am 24. November 1948 beschloss der Gemeinderat  Grundgebühren für Veranstaltungen. Der Gesangverein hat  eine jährliche Pacht von 20,00 DM zu zahlen.  Familienfeiern oder andere öffentliche Veranstaltungen 10,00 DM. Tanzveranstaltungen 20,00 DM.

Klassenraum und Kindergarten

Aus der Schulchronik lässt sich entnehmen, dass Lehrer Schäfer Mitte 1949 den Antrag gestellt hatte, das Jugendheim als Klassenraum zu nutzen. Diesem Antrag wurde zugestimmt. Der Raum wurde bis 1952 als zusätzlicher Schulraum benutzt.

Einige Jahre später, am 11. März 1956 beschließt die Gemeindevertretung (GV) einstimmig für Geräte 100,00 DM und für Einrichtungsgegenstände / Stühle 300,00 DM zur Verfügung zu stellen.

1961 einigte sich die GV das Jugendheim mit einem Außenputz zu versehen. Zwei Jahre später bekam die Fa. Detsch aus Wetter den Auftrag den Innenraum zu renovieren.

Erster Erweiterungsbau Anfang der 70er

1971 wird das Mellnauer Bauunternehmen Michael Bosshammer mit den Maurerarbeiten für die Erweiterung des Jugendheims beauftragt. Friedrich Noll übernahm für 6.308,00 DM die Schreinerarbeiten, die Elektroinstallationen wurden von der Fa. Brechnitz aus Simtshausen für 6.948,38 DM ausgeführt.

(Spurensicherung Mellnauer Heimatgeschichten S. 134-140)

Schon Ende der siebziger Jahre wurde vom Ortsbeirat Mellnau angeregt, durch einen Anbau eines weiteren Saales an das alte „Jugendheim“  zeitgemäße Räumlichkeiten für Feierlichkeiten und vielseitige Vereinsnutzungen zu schaffen. Altbürgermeister Herman Hahn hatte als Stadtrat maßgeblichen Einfluss auf die damalige Durchführung.

In 1982 wurde durch die Stadt Wetter mit der Baumaßnahme begonnen.

Die Gesamtkosten einschließlich der neuen Feuerwehrräumlichkeiten (Fahrzeughalle und Aufenthaltsräume) wurden zunächst auf 1,1 Mio. DM veranschlagt. Dafür wurden vom Land Hessen (341.000,00 DM) und dem Landkreis (110.000,00 DM) Zuschüsse gewährt.

Rechtzeitig vor dem großen Schnee, so berichtete die Oberhessische Presse am 14. Januar 1983, wurde der Rohbau einschließlich Dacheindeckung fertiggestellt.

Umbau DGH 1982

Fritz Damm, vom städtischen Bauamt, stellte erfreulicherweise fest, dass die Baukosten wegen der Flaute im Baubereich geringer ausfielen als vorerst veranschlagt.

Daher konnte dem Wunsch des Mellnauer Ortsbeirates entsprochen werden, den Rohbau um einen Kegelbahnanbau mit Terrasse und Abstellraum zu erweitern.

Der Innenausbau schlug allerdings mit 750.000,00 DM zu Buche, so dass der Gürtel wieder enger geschnallt werden musste. Um hohe Schulden zu vermeiden, wurde die Fertigstellung auf weitere zwei Jahre „gestreckt“.

Als erstes Fest in den neuen Räumlichkeiten wurde „Obseirres“ Goldene Hochzeit im November 1985 gefeiert.

Mit Unterstützung der Mellnauer Vereine organisierte der Ortsbeirate am 1. März 1986 einen Tanzabend als Einweihungsfeier. Mit dem Erlös aus dem Fest und der Einnahmen aus dem Dorftheater „Mellnau – Das Rote Dorf“ konnten man sich weitere Ausstattungswünsche für das neue Dorfgemeinschaftshaus (DGH) erfüllen.

Das DGH wurde zum neuen Treffpunkt für viele Vereine und Sportgruppen und zahleichen kleinen und großen Familienfeiern. Die Termine (vor allem am Wochenenden) waren oft Monate und länger belegt, obwohl es damals in Mellnau noch zwei gutgehende Gaststätten gab.

Viele Treffen im DGH werden den Mellnauern noch lange in Erinnerung bleiben.

„Highlights“ waren beispielsweise die überregional bekannten Oktoberfeste der Altherren-Abteilung des TSV oder die spektakulären Faschingsfeiern mit „Spectaculum“. Nicht selten musste der Einlass wegen Überfüllung geschlossen werden.

Unterhaltende Theaterveranstaltungen, durchtanzte Nächte bei Diskoabenden, die zahllosen privaten Feiern beleben mitreißende Bilder in den Köpfen der Mellnauer. Das Dorfgemeinschaftshaus mit seinen unvergesslichen Events hat Geschichte geschrieben, die aus Mellnau nicht mehr wegzudenken ist. Und es wird mit seinem besonderen Ambiente auch zukünftig Schauplatz für viele weitere Mellnauer Ereignisse sein.

H. Schumacher u. A. Völk

Quellen: Mellnauer Heimatgeschichte, T. Kinstle 1982

Zeitungsartikel zum Thema:

Bauskizze Draufsicht
OP 13. Juni 1985
OP 14. Jan 1983
Oberhessische Presse, 14. Januar 1989

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